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 Info 

Gisela Engeln-Müllges

Foto:
Thilo Vogel

Foto: Thilo Kehrer

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte Benno Werth sein einzigartiges Substraktiv-Gussverfahren, das Ausgangspunkt für hunderte Skulpturen in Bronze, Eisen und Aluminium wurde. Neben seiner bildhauerischen Arbeit schuf er in den vielen Jahrzehnten seiner künstlerischen Tätigkeit auch ein umfangreiches malerisches Werk, das sich ebenfalls durch eine sehr individuelle Handschrift auszeichnete.

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Für Benno Werth war es besonders wichtig, dass sein einzigartiges Gussverfahren auch nach dem Ende seiner künstlerischen Aktivität nicht vergessen wird. Viele Jahre hat er in die Perfektion dieses Verfahrens investiert und dies mittels unterschiedlicher Materialien und Techniken immer weiter verfeinert. Diesem Gussverfahren wurde nicht nur im künstlerischen Bereich große Beachtung gezollt, es wurde auch von Technikern mit Interesse wahrgenommen. Benno Werth konnte mit seinem Verfahren Formen mit komplexen Hinterschneidungen in einem Gussvorgang erzeugen, die mit den bisherigen Gusstechniken nicht realisierbar waren.

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Um das Wissen und die Kenntnisse rund um das Substraktiv-Gussverfahren für die Nachwelt zu erhalten, aber auch um das Gussverfahren weiterzuentwickeln, hat Benno Werth in den letzten Jahren seine Lebensgefährtin Prof. Dr. Gisela Engeln-Müllges nach und nach in diese besondere Technik eingeführt. Nach der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führt Gisela Engeln-Müllges im Sinne Benno Werths nun eigenständig und mit einer neuen Farb- und Formensprache das Werk als Hommage an den großen Künstler fort.

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Die Ergebnisse sind selbstsprechend: Neue Formen von Stelen, Wänden, von Skylines, sogar Kugelformen beweisen, dass mit dem von Benno Werth entwickelten Gussverfahren noch Vieles umgesetzt werden kann, was Benno Werth selbst leider nicht mehr erreichen konnte. Gisela Engeln-Müllges schafft es, höchst komplexe Skulpturen aufzubauen. Beispielsweise findet man in ihren Stelen unterschiedliche Scheiben, von hauchdünn bis massiv, die dann wiederum durch unterschiedlichste Einschnitte neue komplexe Einsichten freigeben und sich je nach Blickwinkel immer wieder verändern. Ebenfalls hat Gisela Engeln-Müllges nun Skulptur und Basis zu einer Einheit verschmolzen, indem sie den Fuß einer Skulptur direkt in den Gussprozess mit einbindet. Eine Weiterentwicklung des Themas Wand stellen die Skylines von Gisela Engeln-Müllges dar. Hier schafft sie großformatige Arbeiten, die sich durch eine ungeheuere Komplexität von Formen auszeichnen. Was aus der Ferne betrachtet wie eine Aneinanderreihung unterschiedlich hoher Gebäudeteile aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein räumlich hochkomplexes Gebilde, welches je nach Blickwinkel immer wieder neue Formen, Einsichten und insbesondere eine große Tiefenwirkung aufweist. Kein Punkt dieser Skulpturen ist gleich. Immer wieder ändern sich die Oberflächen und Formen. Unterbrechungen und leichte Richtungsänderungen beleben zusätzlich die Skulpturen und geben den Arbeiten sogar einen Anschein von spielerischer Leichtigkeit.

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Benno Werth war es immer wichtig, Bildhauerei und Malerei als Einheit zu sehen und dies auch in seiner künstlerischen Arbeit umzusetzen. Dementsprechend setzt Gisela Engeln-Müllges auch diesen Wunsch um. Die von Benno Werth erlernte Maltechnik nutzt Gisela Engeln-Müllges, um ein eigenständiges Bildprogramm zu erarbeiten. Die Farbigkeit der Bilder Benno Werths wurde beispielsweise in vielen ihren Arbeiten einer Reduktion auf eine Schwarz-Weiß-Malerei unterworfen. Trotzdem ist die Verwandtschaft vorhanden und soll auch nicht geleugnet werden. Neue Formen und Bildkonstruktionen zeigen aber den Aufbruch in eine andere Welt. Spiralen, Raster und immer wieder winzige, an Landschaft erinnernde Bildbereiche bestimmen die Malerei Gisela Engeln-Müllges. Assoziationen an Landschaft werden dabei wach, dennoch liegt die Wiedergabe von Realitäten nicht im Sinne der Künstlerin, sondern vielmehr die Schaffung neuer Bildwirklichkeiten. Auch die Farbe spielt in neueren Gemälden wieder zunehmend eine Rolle. Charakteristisch für ihre Arbeiten ist eine Technik, bei der zunächst schichtweise Farben aufgetragen werden, die später teilweise wieder abgezogen, abgekratzt und abgewaschen werden, wodurch tiefer liegende Schichten wieder freigelegt werden. So wird der Blick des Betrachters in die Tiefe des Bildes hineingezogen. Das Bild wird zur mehrdimensionalen Erlebniswelt und bietet immer wieder neue, überraschende Momente. Gisela Engeln-Müllges hat es geschafft eine eigenständige malerische Ausdrucksform zu entwickeln, die dennoch ihren Ursprung nicht verleugnet und als Hommage an Benno Werth zu verstehen ist.


Andreas Beumers, Kunsthistoriker

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